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PRIF Jahresbericht2022

Editorial

Ja, Sie haben richtig gesehen, wir haben ein neues Logo. Eigentlich war das schon zum 50. Jubiläum vor zwei Jahren geplant, aber die Pandemie und ihre Folgen kamen dazwischen.

Nun ist es aber so weit: Als PRIF – Peace Research Institute Frankfurt werden wir zukünftig die Ursachen globaler Krisen und Konflikte erforschen. Einen deutschen Institutsnamen haben wir nicht aufgegeben, aber vereinfacht. Wir firmieren nunmehr als PRIF – Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung. Der Jahresbericht ist die erste Publikation, in der wir mit dem neuen Logo auftreten. Wir haben die Gelegenheit genutzt und auch den Bericht neu konzipiert. Er bietet noch vielfältigere Einblicke in Forschung und Transfer und er genügt mehr als zuvor neben den analogen auch den digitalen Lesebedürfnissen.

Der russische Angriff auf die Ukraine war das bestimmende Thema unserer Arbeit im vergangenen Jahr. Mehr als je zuvor waren unsere Analysen und Einordnungen öffentlich gefragt. In einer Vielzahl von Medienbeiträgen, Analysen und Veranstaltungen haben wir die verschiedenen Phasen des ersten Kriegsjahres begleitet. Aus unserer Forschung konnten wir Impulse für die Debatten über Sanktionen, Waffenlieferungen, Eskalationsrisiken und die Hindernisse für Verhandlungslösungen setzen. Gemeinsam mit den Kolleg*innen anderer Friedensforschungsinstitute verdeutlichten wir in unserem Friedensgutachten 2022, wie schwierig der Weg hin zu einem Frieden sein würde – und nach wie vor ist – und wie wichtig es zugleich ist, sich bereits in Kriegszeiten auf den Frieden vorzubereiten.

PRIF profitiert dabei von der Vielfalt der inter- und transdisziplinären Perspektiven am Institut und von der Bereitschaft der Kolleg*innen, ihr Wissen und ihre Energie in die Politik- und Gesellschaftsberatung zu diesem Krieg einzubringen. Wir möchten allen an dieser Stelle für ihren herausragenden Einsatz im zurückliegenden Jahr danken, der weit über das erwartbare Maß hinausging. Denn es waren und sind nicht immer einfache Botschaften, die sich aus unseren Analysen ableiten, und mehr als sonst haben uns auch sehr kritische Rückmeldungen erreicht.

In der Folge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine wurden wichtige außen- und sicherheitspolitische Vorhaben vorangebracht bzw. unter neuen Vorzeichen fortgeführt. So entstand seit 2022 erstmals eine Nationale Sicherheitsstrategie, an deren Entwicklung wir uns als Expert*innen intensiv beteiligt haben. Gleiches gilt für die Leitlinien für eine feministische Außenpolitik, die Anfang 2023 beschlossen wurden. Bereits seit Jahren betonen wir aus unserer Arbeit die große Bedeutung geschlechtsspezifischer Perspektiven in der Außen- und Sicherheitspolitik und wir werden dieses Thema auch weiterhin als einen Schwerpunkt behandeln. Schließlich brachten wir uns auch in Konsultationen und Diskussionen über das geplante Gesetz zur Rüstungsexportkontrolle ein.

Auch wenn 2022 auf den ersten Blick vor allem durch Wissenskommunikation geprägt war, wurden wichtige Grundlagenforschungsprojekte auf den Weg gebracht. Das durch das BMBF geförderte und durch PRIF koordinierte Forschungszentrum „Transformations of Political Violence“ nahm seine Arbeit auf und erwies sich als wichtiger Reflexionsrahmen auch für die Herausforderungen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Gleiches gilt für das ebenfalls in diesem Jahr gestartete Verbundprojekt „CBWNet“, welches sich mit der Stärkung von Normen gegen Chemie- und Biowaffen befasst.

Selbstverständlich haben wir auch die Konflikte jenseits des Russland-Ukraine-Kriegs nicht aus dem Auge verloren und immer wieder darauf hingewiesen, dass diese nicht vergessen und vernachlässigt werden dürfen. Mit dem Kompetenznetzwerk „African Non-military Conflict Intervention Practices“ verfügen wir über ein Netzwerk für die gemeinsame Forschung mit Partnern in Afrika, durch das wir insbesondere die Rolle von Regionalorganisationen in staatlichen und innerstaatlichen Konflikten besser verstehen können. Sowohl der eskalierende Bürgerkrieg in der Tigray-Region als auch die instabile Lage in westafrikanischen Staaten verdeutlichen, wie aktuell und relevant diese Forschungen sind.

Der Weltlage zum Trotz hielt 2022 auch eine Reihe erfreulicher Nachrichten und Erfolge bereit. Harald Müller, der das Institut lange Jahre leitete und prägte, erhielt das Bundesverdienstkreuz. Jonas Wolff folgte dem Ruf auf eine Professur für Politikwissenschaft an der Goethe Universität und wird PRIF dadurch hoffentlich lange erhalten bleiben. Simone Wisotzki schloss erfolgreich ihr Habilitationsverfahren ab. Regine Schwab wurde für ihre Dissertation mit dem Christiane-Rajewsky-Preis gewürdigt. Schließlich verlieh PRIF erstmals selbst einen Preis für Schüler*innen aus Hessen, der von nun an alle zwei Jahre ausgelobt werden soll.

Wir freuen uns, wenn Sie diese und weitere Themen, die wir in diesem Jahresbericht vorstellen, vertiefen möchten und wünschen Ihnen eine interessante Lektüre.

Nicole Deitelhoff und Christopher Daase

Inhalt

  1. Zahlen und Fakten

  2. Dissertation ausgezeichnet

    Ordnung schaffen im Chaos eines Bürgerkriegs

    Regine Schwab untersuchte in ihrer Dissertation, wie verschiedene Rebellengruppen im syrischen Bürgerkrieg kooperierten, und erhielt dafür den Christiane-Rajewsky-Preis.

  3. Erfahrungen aus dem PrEval-Projekt

    Im Dialog mit der Praxis

    Das PrEval-Projekt bringt Wissenschaft und Fachpraxis zusammen, um Evaluation in der Extremismusprävention, politischen Bildung und Demokratieförderung zu stärken. Julian Junk berichtet von Erfahrungen aus dem Projekt.

  4. Forschungszentrum TraCe startet

    Transformationen politischer Gewalt

    Das Forschungszentrum TraCe untersucht, ob und wie sich Formen von politischer Gewalt verändern – zum Beispiel im Krieg zwischen Russland und Ukraine.

  5. Reformkonflikte in Ägypten und Tunesien

    Gerechtigkeit, Macht, Protest

    Im Profil: Irene Weipert-Fenner forscht zu Reformkonflikten in Ägypten und Tunesien. Im Interview spricht sie über Gerechtigkeitsvorstellungen, Machtkämpfe und Unterschiede zwischen Regimetypen.

  6. Feministische Friedensforschung

    Gender, Diversität, Konflikt

    Was ist eigentlich feministische Friedensforschung? Was verspricht eine feministische Außenpolitik und unter welchen Bedingungen kann sie erfolgreich sein? Simone Wisotzki gibt Auskunft aus der Forschung.

  7. Studie zu Mali und Niger

    Einsatz für den Frieden?

    Welche Lehren sollten wir aus Auslandseinsätzen wie in Mali und Niger ziehen? In einer Studie für den Beirat Zivile Krisenprävention und Friedensförderung gehen Antonia Witt und Simone Schnabel genau dieser Frage nach.

  8. Internationale Institutionen in der Krise

    Inseln der Kooperation suchen

    Was passiert, wenn Staaten internationale Institutionen verlassen? Ist die Zusammenarbeit für immer gescheitert? Das Forschungsprojekt Drifting Apart hat fünf solcher Dissoziationsprozesse analysiert.

  9. Friedensgutachten 2022

    Wie wirken Sanktionen?

    Das Friedensgutachten 2022 beleuchtet die Folgen des Russland-Ukraine-Kriegs und diskutiert Maßnahmen, um den Krieg zu beenden – unter anderem die umfangreichen Sanktionen gegen Russland.

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